Erbschaftssteuerreform 2016: Alle Änderungen im Überblick

Gegenstand der im Herbst 2016 final beschlossenen Erbschaftssteuerreform waren weitreichende Änderungen bei der Vererbung von Betriebsvermögen. Dieser Beitrag liefert einen Überblick über alle Inhalte der Erbschaftssteuerreform 2016 und erklärt, welche Änderungen sich im Vergleich zu den bisher gültigen rechtlichen Regelungen ergeben.

Gegenstand der im Herbst 2016 final beschlossenen Erbschaftssteuerreform waren weitreichende Änderungen bei der Vererbung von Betriebsvermögen. Nötig geworden war die Erbschaftssteuerreform 2016 auf Grund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts, welches Ende 2014 die bislang geltenden Privilegien für Firmenerben für zu großzügig erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist bis 30. Juni 2016 gesetzt hat, um eine mit dem Grundgesetz konforme Neuregelung der Erbschaftssteuer zu finden. Nachdem das entsprechende Gesetz den Bundestag am 24. Juni 2016 passiert hatte, rief der Bundesrat zunächst den Vermittlungsausschuss, ehe er schließlich am 14. Oktober 2016 seine Zustimmung erteilte. Dieser Beitrag liefert einen Überblick über alle Inhalte der Erbschaftssteuerreform 2016 und erklärt, welche Änderungen sich im Vergleich zu den bisher gültigen rechtlichen Regelungen ergeben.

 

Reform der Erbschaftssteuer: Das ändert sich im Einzelnen

Wie bisher gilt ein Wahlrecht, wonach Firmenerben von einer Steuerbefreiung entweder von 85% (Regelverschonung) oder 100% (Optionsverschonung) für das begünstigte Vermögen profitieren können, sofern spezielle Voraussetzungen erfüllt sind. Bei Wahl der Regelverschonung ist der Betrieb mindestens fünf Jahre weiterzuführen. Wenn mindestens 15 Beschäftigte im Unternehmen tätig sind, darf zudem die Lohnsumme innerhalb von fünf Jahren die Schwelle von 400% der Ausgangslohnsumme, die als Mindestlohnsumme bezeichnet wird, nicht unterschreiten. Bei Wahl der Optionsverschonung ist der Betrieb mindestens sieben Jahre fortzuführen, zudem gilt für die Lohnsumme eine Frist von sieben Jahren sowie ein Schwellenwert in Höhe von 700% der Mindestlohnsumme.

Die Erbschaftssteuerreform 2016 bringt nun mit sich, dass nur Betriebe, welche nicht mehr als fünf Mitarbeiter beschäftigen, von der Lohnsummenregelung ausgenommen werden. Darüber hinaus wird eine Staffelung für Betriebe eingeführt, in denen mehr als fünf Mitarbeiter beschäftigt sind:

  • Bei Betrieben mit 6-10 Mitarbeitern gilt bei der Regelverschonung ein Schwellenwert von 250% der Mindestlohnsumme innerhalb von fünf Jahren. Dieser Wert erhöht sich auf 500% innerhalb von sieben Jahren im Fall der Optionsverschonung.
  • Bei Betrieben mit 11-15 Mitarbeitern betragen die entsprechenden Schwellenwerte 300% bei Regelverschonung bzw. 565% bei Optionsverschonung innerhalb der oben genannten Bezugszeiträume.

Zu beachten ist, dass Beschäftigte in Mutterschutz, Elternzeit, Teilzeitkräfte oder längerfristig erkrankte Mitarbeiter bei diesen Werten jeweils nicht eingerechnet werden.

Liegt der Wert des betrieblichen Vermögens über der Prüfschwelle in Höhe von 26 Mio. EUR als Wert des begünstigten Vermögens, so sieht der Gesetzgeber ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung und einem abschmelzenden Verschonungsabschlag vor. Um die Prüfschwelle zu ermitteln, sind alle Werte des begünstigten Vermögens derselben Person aus den letzten zehn Jahren zu berücksichtigen. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung hat der Erwerber nachzuweisen, dass er die fällige Erbschaftssteuer nicht aus seinem verfügbaren Vermögen begleichen kann. Unter das verfügbare Vermögen fallen 50% des bereits vorhandenen oder aus dem durch die Erbschaft bzw. Schenkung erhaltenen nicht begünstigten Vermögen. Der überschießende Teil der Steuer, der nicht aus dieser Summe beglichen werden kann, wird erlassen. Wählt der Erwerber dagegen einen abschmelzenden Verschonungsabschlag, so wird vom für den Schwellenwert von 26 Mio. EUR maßgeblichen Verschonungsabschlag von 85% bzw. 100% aufwärts jeweils für 750.000 EUR 1% Abschlag abgezogen, bis dieser bei 90 Mio. EUR bei 0% liegt.

Neue Regeln für das Verwaltungsvermögen bei der Erbschaftssteuer

Während bisher ein Verwaltungsvermögensanteil in Höhe von 50% unschädlich war, kann ab sofort nur noch das begünstige Vermögen von der Steuer ausgenommen werden, nicht mehr das Verwaltungsvermögen selbst. Zudem gelten mit der Erbschaftssteuerreform 2016 zusätzliche Gegenstände ausdrücklich als Verwaltungsvermögen, unter anderem Briefmarkensammlungen, Jachten oder Oldtimer, also im Wesentlichen der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn Herstellung, Verarbeitung, Vermietung oder Handel mit diesen nicht Hauptzweck des Betriebs sind.

Bis zu einem Anteil von 10% wird Verwaltungsvermögen wie begünstigtes Vermögen behandelt. Junges Verwaltungsvermögen, welches nicht länger als zwei Jahre dem Unternehmen zuzuordnen ist, ist von dieser Regelung jedoch ausgenommen. Zudem sind Barvermögen, geldwerte Forderungen und andere Finanzmittel nach Verrechnung mit den Schulden des Betriebs bis zu einem Prozentsatz von 15% des Betriebsvermögens begünstigt. Begünstigt ist auch solches Verwaltungsvermögen, welches ausschließlich und dauerhaft dazu dient, Altersvorsorgeverpflichtungen zu decken.

Das Verwaltungsvermögen darf nicht mehr als 20% des gemeinen Werts des Betriebs ausmachen, ansonsten gilt die Optionsverschonung von 100% des begünstigten Vermögens nicht mehr. Ab einem Verwaltungsvermögensanteil von 90% fällt jegliche Verschonung weg, auch jegliche Verschonung für eigentlich begünstigtes Vermögen. Nicht mehr möglich ist durch die Erbschaftssteuerreform das Ausnutzen verschiedener Beteiligungsebenen bei der Errechnung des Verwaltungsvermögensanteils, da ab sofort das begünstigte Vermögen konsolidiert ermittelt wird. Nur im Erbfall - Schenkungen sind hiervon ausgenommen! - gilt, dass Vermögensgegenstände dann nicht zum Verwaltungsvermögen zählen, wenn sie in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren nach dem Tod des Erblassers für Investitionen in den Betrieb verwendet werden. Allerdings muss die Investition einer originär gewerblichen Tätigkeit dienen und auf Grund eines vom Erblassers bereits vorgesehenen Plans erfolgen.

Änderung auch beim Vorababschlag sowie beim Ertragswertverfahren

Oft sind in Familienunternehmen gesellschaftsvertragliche oder satzungsmäßige Beschränkungen vorgesehen. In diesem Fall gibt es eine Steuerbefreiung in Höhe von bis zu 30% als Vorababschlag auf den begünstigten Teil des Betriebsvermögens. Der Abschlag richtet sich in seiner Höhe nach der Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert für den Fall, dass ein Gesellschafter ausscheidet. Auch ist die Befreiung an Beschränkungen von Gewinnentnahmen und Ausschüttungen sowie an Verfügungsbeschränkungen für Vermögensanteile geknüpft. Die beschriebenen Voraussetzungen müssen mindestens für einen Zeitraum von zwei Jahren vor und 20 Jahren nach dem Vermögensübergang bestehen und tatsächlich im Unternehmen angewandt werden.

Zudem ändert sich die Berechnungsweise für den gemeinen Wert eines Betriebs im vereinfachten Ertragswertverfahren. Zur Ermittlung des gemeinen Werts wird der nachhaltig erzielbare Jahresertrags mit einem Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Dieser Faktor ist abhängig vom jeweiligen Basiszinssatz zuzüglich einem Kapitalisierungszuschlag von 4,5%. Auf Grund der aktuell niedrigen Zinsen erfolgte nunmehr eine Anpassung nach unten, so dass der Faktor für dieses und die kommenden Jahre auf 13,75 festgelegt wurde.

Nur im Erbfall kann schließlich der auf das begünstigte Betriebsvermögen entfallende Teil der Erbschaftssteuer auf Antrag bis zu sieben Jahre gestundet werden, wobei die Stundung im ersten Jahr zinslos erfolgt. Zu beachten ist gleichwohl, dass die Stundung an die Einhaltung der Vorgaben zu Lohnsummen und Behaltensfrist gebunden ist.  


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