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Finanzgericht Münster: keine Pfändung der Corona-Soforthilfe durch Finanzamt

Finanzgericht Münster: keine Pfändung der Corona-Soforthilfe durch Finanzamt

Selbstständige, die Corona-Soforthilfe beziehen, müssen mit diesen finanziellen Mitteln nicht automatisch alte Schulden tilgen. Die Corona-Soforthilfe ist vielmehr dafür gedacht, aktuelle wirtschaftliche Engpässe auszugleichen, die die Corona-Krise hervorgerufen hat. Demnach würde die Tilgung von Altschulden der Zweckgebundenheit dieser Hilfsleistung widersprechen. Entscheidungen des Finanzgerichts Münster bestätigen, dass die Corona-Soforthilfe nicht pfändbar ist. Als nicht übertragbare Forderung fällt sie unter das Pfändungsverbot nach § 851 Absatz 1 ZPO. Demnach darf das Finanzamt die Beträge der Corona-Soforthilfe nicht wegen ausstehender Umsatzsteuerzahlungen pfänden.

Beispielfall: Finanzamt weigert sich wegen Umsatzsteuerschulden, Konto freizugeben

Der Betreiber eines Hausmeisterservice hat bei einer Sparkasse ein Pfändungsschutzkonto eingerichtet. Dasselbe war aufgrund offener Umsatzsteuerschulden mit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung zugunsten des Finanzamtes in Höhe von 9.075,50 Euro belastet. Die Sparkasse verwies darauf, dass kein pfändbares Kontoguthaben vorhanden sei, weil die ausbezahlte Corona-Soforthilfe in Höhe von 9.000 Euro laut den Fördervorgaben des Bundes pfändungsfrei sei. Das Finanzamt weigerte sich jedoch, dieses Konto freizugeben. Der Antragsteller richtete deshalb eine einstweilige Anordnung an das Finanzgericht Münster, um die Freigabe des Kontos zu erwirken.

Einstweilige Anordnung des FG Münster: keine Pfändung der Corona-Soforthilfe

Das FG erließ die einstweilige Anordnung, weil die Einbehaltung der Corona-Soforthilfe für den Betroffenen ein wesentlicher Nachteil sei (Beschluss des FG Münster vom 8. Juni 2020, Az. 11 V 1541/20 AO). Im Falle der Hilfsgelder der Corona-Pandemie gebe es keine Pfändung, zumal diese Forderung nicht übertragbar sei. Es gelte das Pfändungsverbot nach § 851 ZPO. Demnach sei die Corona-Soforthilfe als zweckgebundener Zuschuss einzustufen, der die finanzielle Notsituation der Empfänger im Zuge der Pandemie verringern soll. Wenn das Finanzamt diese Forderung für die Deckung von Umsatzsteuerschulden pfändet, widerspreche das dem eigentlichen Zweck der Hilfsgelder.

Finanzamt muss Kontopfändung vorerst einstellen

Ähnlich entschied das Finanzgericht Münster im Fall eines Reparaturservice-Betreibers, der im März 2020 Corona-Soforthilfe in Höhe von 9.000 Euro vom Land Nordrhein-Westfalen erhalten hatte. Für das Konto des Betroffenen gab es eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen offener Umsatzsteuerschulden gegenüber dem Finanzamt aus den Jahren 2017 bis 2019. Die Bank verweigerte daher die Auszahlung der Hilfsgelder. Nach Ansicht des angerufenen FG Münster sei die Corona-Soforthilfe jedoch nicht für die Begleichung dieser Altschulden heranzuziehen, weshalb das Finanzamt die Kontopfändung für den Bewilligungszeitraum der Hilfsmittel bis zum 27. Juni 2020 einstellen müsse (Beschluss des FG Münster vom 13. Mai 2020, Az. 1286/20 AO).

Aus diesen Entscheidungen ergibt sich, dass das Finanzamt ein Konto, das auch Mittel der Corona-Soforthilfe aufweist, nicht pfänden darf. Diese Hilfsgelder sind nicht dafür gedacht, alte Gläubigeransprüche zu befriedigen, sondern die wirtschaftliche Notsituation im Zuge der Corona-Pandemie abzuschwächen.

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