Bedarfsbewertung

Definition: Was ist eine Bedarfsbewertung?

Die Bedarfsbewertung (BBW) bezeichnet ein förmliches Verfahren, das die Finanzämter anwenden, um im Anlassfall die Besteuerungswerte für Grundbesitz und anderes Vermögen zu ermitteln und festzustellen. Sie dient als Grundlage für die Feststellung der zu entrichtenden Steuer (= Schenkungs- und Erbschaftsteuer sowie Grunderwerbsteuer). Anders als der Einheitswert wird der Bedarfswert nur anlassbezogen, also lediglich bei Bedarf (z. B. bei einer Erbschaft), ermittelt.

Inhaltsverzeichnis

  • Auf welche Werte ist die Bedarfsbewertung anzuwenden?
  • Wann liegt ein Anlass für die Bedarfsbewertung vor?
  • Welches Bewertungsverfahren ist bei der Bedarfsbewertung anzuwenden?
    • A. Bedarfsbewertung für ein unbebautes Grundstück
    • B. Bedarfsbewertung für ein bebautes Grundstück
  • Welche Anlage zur Steuererklärung gibt es für die Bedarfsbewertung?

Auf welche Werte ist die Bedarfsbewertung anzuwenden?

Diese Werte unterliegen im Anlassfall einer Bedarfsbewertung:

  • Grundbesitzwerte (private Grundstücke, Betriebsgrundstücke)
  • Wert von nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften
  • Betriebsvermögen von Gewerbetreibenden und Freiberuflern
  • Anteile am betrieblichen Vermögen
  • Anteile an Personengesellschaften
  • Vermögensgegenstände
  • Schulden

Welche Bewertungsgrundsätze anwendbar sind, ergibt sich aus dem Erbschaftsteuergesetz und dem Bewertungsgesetz (BewG) als gesetzlicher Grundlage.

Wann liegt ein Anlass für die Bedarfsbewertung vor?

Eine Bedarfsbewertung findet nur statt, wenn ein Bedarf besteht:

  • Erbschaft und Schenkung: Festlegung von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
    Vermögensgegenstände sind für die Feststellung der Erbschaftsteuer und der Schenkungsteuer zu bewerten, wenn ein Anlass vorliegt. Im Falle einer Erbschaft oder Schenkung nimmt das Finanzamt eine Bedarfsbewertung vor. Dabei ist der Wert zum Todeszeitpunkt oder zum Ausführungszeitpunkt der Schenkung zu erfassen. Dies ist auch jener Tag, an dem die Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer entstanden ist.
  • Festlegung der Grunderwerbsteuer
    Die Bedarfsbewertung kommt nicht nur bei der Feststellung von Erbschafts- und Schenkungsteuer, sondern auch bei der Grunderwerbsteuer zur Anwendung.
  • Die Grundsteuer und die Gewerbesteuer bemessen sich hingegen nach dem Einheitswert, nicht nach dem Bedarfswert.

Welches Bewertungsverfahren ist bei der Bedarfsbewertung anzuwenden?

Die Bewertung von Grundvermögen erfolgt nach dem Verkehrswert. Je nach Grundstücksart kommen unterschiedliche Bewertungsverfahren zum Einsatz.

A. Bedarfsbewertung für ein unbebautes Grundstück

Unbebaute Grundstücke sind gemäß § 179 BewG auf Basis der Grundstücksfläche nach dem Bodenrichtwert der Gutachterausschüsse zu bewerten.

In die Gruppe der unbebauten Grundstücke fallen:

  • Grundstücke, auf denen es keine benutzbaren Gebäude gibt
  • Grundstücke mit im Bau befindlichen Gebäuden
  • Grundstücke mit kleinem Gebäude oder mit Gebäude für unbedeutende Nutzung
  • Grundstücke mit zerstörtem oder verfallenem Gebäude

Ein unbebautes Grundstück ist auf Basis der Grundfläche mit dem Bodenrichtwert zu bewerten. Das zuständige Finanzamt zieht den Bodenrichtwert heran, den die Gutachterausschüsse zuletzt festgelegt haben, um die Steuern zu berechnen. Wenn es keinen Bodenrichtwert gibt, ist der Wert anhand der Wertermittlung vergleichbarer Grundflächen anzusetzen und um 20 Prozent zu reduzieren.

B. Bedarfsbewertung für ein bebautes Grundstück

Die Bedarfsbewertung eines bebauten Grundstückes richtet sich nach der Grundstücksart. § 182 BewG regelt die Bewertung von bebauten Grundstücken nach diesen Gesichtspunkten:

1. Vergleichswertverfahren

Das Vergleichswertverfahren ist für diese bebauten Grundstücke anwendbar, um deren Wert zur Feststellung der Steuer anzusetzen:

  • Wohnungseigentum
  • Teileigentum
  • Einfamilienhäuser
  • Zweifamilienhäuser

Für die Ermittlung des Vergleichswerts ist der gemeine Grundstückswert aus den von den Gutachterausschüssen ermittelten Vergleichswerten abzuleiten. Es muss sich hierbei um gleichartige Gebäude handeln, die in Hinblick auf Faktoren wie Lage, Größe, Nutzung, Ausstattung und Beschaffenheit gleichartig sind.

2. Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist für diese bebauten Grundstücke heranzuziehen:

  • Mietgrundstücke
  • Geschäftsgrundstücke
  • Grundstücke mit gemischter Nutzung, für die auf dem regionalen Grundstücksmarkt ein üblicher Mietpreis ermittelbar ist

Beim Ertragswertverfahren werden zunächst der Wert für Grund und Boden (Grundlage: Bodenrichtwert) und jener für das Gebäude (= Gebäudewert anhand des nachhaltig erzielbaren Ertrags) separat ermittelt. Der Gebäudereinertrag ist mit einem Vervielfältiger zu multiplizieren. Aus Gebäudeertragswert und Bodenwert berechnet sich der Grundstücksertragswert.

3. Sachwertverfahren

Bei Grundstücken, für die es keinen Vergleichswert gibt oder die üblicherweise nicht zur Vermietung gedacht sind, ist das Sachwertverfahren anwendbar. Dazu zählen

  • Wohnungseigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser, wenn es keinen Vergleichswert gibt,
  • Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, sofern auf dem regionalen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermittelbar ist, und
  • sonstige bebaute Grundstücke.

Beim Sachwertverfahren sind der Bodenwert und der Gebäudesachwert getrennt zu ermitteln. Für den Gebäudesachwert ist der Gebäudeherstellungswert um die Alterswertminderung zu kürzen.

C. Bedarfsbewertung von Betriebsvermögen

Das Betriebsvermögen von Gewerbetrieben und Freiberuflern ist nach dem gemeinen Wert zu beurteilen (§§ 9 und 11 BewG). Es handelt sich um jenen Wert, der im Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsobjekts bei einem Verkauf erzielbar wäre. Für Wirtschaftsgüter, die einem Unternehmen Dienste erweisen, ist zur Bewertung der Teilwert heranzuziehen. Für die Bedarfsbewertung von Betriebsvermögen wird der sogenannte Betriebsvermögenswert ermittelt. Dieser berechnet sich durch ein einfaches Ertragswertverfahren oder ein anderes betriebswirtschaftliches Bewertungsverfahren, das anerkannt ist.

D. Bedarfsbewertung land- und forstwirtschaftliches Vermögen als Sonderfall

Wer Land bewirtschaftet, unterliegt für Zwecke zur Feststellung der Erbschafts- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer der Bedarfsbewertung. Dabei sind die land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzwerte nach den §§ 138 bis 154 BewG relevant. Land- und forstwirtschaftliches Vermögen ist in einen Wirtschaftsteil, eine Betriebswohnung und einen Wohnteil zu unterteilen. Der Wirtschaftsteil wird durch ein Ertragswertverfahren bewertet. Für die Betriebswohnung und den Wohnanteil sind die Bewertungsgrundsätze für bebaute Grundstücke relevant.

Welche Anlage zur Steuererklärung gibt es für die Bedarfsbewertung?

Steuererklärung: Anlagen zur Bedarfsbewertung von Grundbesitz

Zur Feststellung des Bedarfswerts von Grundvermögen und Betriebsvermögen sind eine Erklärung abzugeben und die zutreffende Anlage auszufüllen. Für die Bedarfsbewertung von Grundbesitz gibt es einige Formulare, die in ganz Deutschland einheitlich sind. Sie dienen den Finanzämtern als Grundlage, um die Grunderwerbsteuer sowie die Erbschafts- und Schenkungsteuer zu berechnen.

Formulare für die Bedarfsbewertung von Grundbesitz:

  • Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts (BBW 1): Daten zur Person
  • Anlage Grundstück zur Feststellungserklärung
  • Anlage Grundstückswert Einlageblatt
  • Verschiedene Formulare zur Beschreibung des Gebäudestandards, separat für die Ausstattung „Wohnen“, „Nichtwohnen“ und „sonstige“
  • Anlage Land- und Forstwirtschaft

Bei bebauten Grundstücken (Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnungseigentum und Teileigentum in Mehrfamilienhäusern) sind Angaben zum Gebäudestandard zu tätigen.

Steuererklärung: Bedarfsbewertung von Betriebsvermögen

Betriebsvermögen von Einzelunternehmen, Anteile an Personen- und Kapitalgesellschaften sowie Gemeinschaftsvermögen:

  • Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts (BBW 1a)
  • Anlage Betriebsvermögen Einzelunternehmen
  • Anlage Betriebsvermögen Personengesellschaften
  • Anlage Betriebsvermögen Kapitalgesellschaften
  • Anlage Vermögen und Schulden von Gemeinschaften
  • Anlage vereinfachtes Ertragswertverfahren

Die Steuerpflichtigen können diese Formulare am Computer ausfüllen und ausdrucken. Das Bayerische Landesamt für Steuern stellt die entsprechenden Vorlagen für die Bedarfsbewertung auf der Internetseite bereit.

Quellen

https://www.steuertipps.de/lexikon/b/bedarfsbewertung

https://datenbank.nwb.de/Dokument/114771/

https://www.smartsteuer.de/online/lexikon/b/bedarfsbewertung/

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/bedarfswert-30860

https://datenbank.nwb.de/Dokument/368134/

https://www.finanzverwaltung.nrw.de/formulare-erbschaft-schenkungsteuer-bedarfsbewertung

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