Die neueste Reform des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts

Wie wir in unserem Blog vom 30.6.2015 berichteten (siehe: http://www.steuerberater-muenchen.de/item/erbschaftssteuer-was-muss-ich-beachten.html), standen in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17. Dezember 2014 erhebliche Änderungen im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer aus.  

Wie wir in unserem Blog vom 30.6.2015 berichteten (siehe: http://www.steuerberater-muenchen.de/item/erbschaftssteuer-was-muss-ich-beachten.html), standen in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17. Dezember 2014 erhebliche Änderungen im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer aus. Das Gericht betrachtete in seinem Urteil bestimmte Begünstigungen für Betriebe als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und räumte dem Gesetzgeber eine Frist zum 30. Juni 2016 ein, um eine verfassungskonforme Neuregelung vorzunehmen. Zwar sah das Gericht die bestehenden Verschonungsregeln für Betriebsvermögen als grundsätzlich erforderlich an, um Arbeitsplätze sowie die Existenz der Unternehmen selbst zu sichern. Jedoch wurden die bis dato bestehenden Regelungen als nicht vereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes bewertet.

Das ändert sich im Erbschafts- und Schenkungsrecht

Die lange erwartete Neuregelung der bemängelten Passagen wurde nunmehr vorgenommen. Am 8.7.2015 verabschiedete das Bundeskabinett einen entsprechenden Gesetzesentwurf zur Anpassung des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts an die Rechtsprechung des BVerfG. Folgende Bereiche sind von der aktuellen Reform betroffen:

Das begünstigte Vermögen

Entgegen der bisherigen Regelung, welche eine Schonung vorsah, wenn das Betriebsvermögen einen Verwaltungsvermögenanteil von bis zu 50% erreicht, kann gemäß dem verabschiedeten Gesetzentwurf nur das so genannte begünstigte Vermögen geschont werden. Begünstigt ist das Vermögen dann, wenn es seinem Hauptzweck nach einer gewerblichen, freiberuflichen, land- oder forstwirtschaftlichen Tätigkeit dient. Um Missbrauch zu verhindern, wird in mehrstufigen Unternehmensstrukturen das begünstige Vermögen auf der Basis einer konsolidierten Betrachtung aller Beteiligungsgesellschafften ermittelt. Demnach kann der so genannte Kaskadeneffekt vermieden werden, also das missbräuchliche Ausnutzen eines Verwaltungsvermögensanteils von 50% auf jeder Stufe der Beteiligungsebenen. Die bestehenden Verschonungsregeln bleiben unverändert, so dass der Erwerber bei der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen die Wahl zwischen einer Befreiung zu 85% oder zu 100% von der Erbschafts- und Schenkungssteuer (siehe: http://www.steuerberater-muenchen.de/item/erbschaftssteuer-was-muss-ich-beachten.html).

Reform des Erbschafts- und Schenkungsrecht: Regelungen für kleine Unternehmen

Die bisher geltenden Anforderungen an kleine Unternehmen hinsichtlich der Lohnsummenregelung wurden ebenfalls abgeändert und sind nunmehr abhängig von der Zahl der im Unternehmen Beschäftigten: Bei Unternehmen mit bis zu drei Beschäftigten verzichtet der Gesetzgeber auf die Überprüfung der Lohnsummenregelung. Bei Unternehmen mit vier bis zehn Beschäftigten darf bei einer Behaltensfrist von mindestens fünf Jahren die Lohnsumme nicht über 250 % der Ausgangslohnsumme schreiten. Beträgt die Behaltensfrist mindestens sieben Jahre, so liegt die nicht zu überschreitende Lohnsummer bei 500% der Ausgangslohnsumme. Unternehmen einer Größe von elf bis 15 Beschäftigten dürfen im Falle einer Behaltensfrist von mindestens fünf Jahren nicht 300% der Ausgangslohnsumme überschreiten, im Falle einer Behaltensfrist von mindestens sieben Jahren liegt die entsprechende Grenze bei 565%. Die Steuerbefreiungen des Betriebsvermögens werden u. a. nur dann vollumfänglich gewährt, wenn die sog. Mindestlohnsumme innerhalb der Behaltensfrist erreicht wird. Die Anzahl der Arbeitnehmer, bei der Betriebe von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen werden, wird durch das geplante Gesetz auf drei abgesenkt werden. Bei Betrieben mit vier bis zehn Arbeitnehmern soll dem besonderen Bedürfnis für eine Flexibilisierung der Lohnsummenregelung Rechnung getragen werden. Dazu wird die Mindestlohnsumme bei einer Lohnsummenfrist von fünf Jahren auf 250 % (bisher 400 %) bzw. bei einer Lohnsummenfrist von sieben Jahren auf 500 % (bisher 700 %, vgl. § 13a Abs. 10 ErbStG) herabgesenkt. Im Gesetzentwurf ist zudem eine weitere Erleichterung für Betriebe mit elf bis fünfzehn Arbeitnehmern vorgesehen. Diese sollen innerhalb von fünf Jahren eine Mindestlohnsumme von 300 % und bei der für die Optionsverschonung maßgeblichen Frist von sieben Jahren von 565 % zu erfüllen haben. Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Langzeiterkrankte und Auszubildende werden nicht mitgerechnet. Missbräuchlichen Gestaltungen soll durch Zusammenrechnung der Beschäftigtenzahl und der Lohnsummen entgegengewirkt werden. § 13a Abs. 3 ErbStG-E regelt daher, dass zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar gehörende Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, in die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten dieser Gesellschaften des Anteils einzubeziehen sind, zu dem die unmittelbare und mittelbare Beteiligung besteht. Dies gilt für Anteile an Kapitalgesellschaften entsprechend, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 % beträgt. Im Fall einer Betriebsaufspaltung sind die Lohnsummen und die Anzahl der Beschäftigten der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft zusammenzuzählen.

Reform Erbschaftsrecht Große Betriebsvermögen

Darüber hinaus sieht der neue Gesetzesentwurf für das Erbschaftssteuer- und Schenkungsrecht im Falle eines Erwerbs großer Unternehmensvermögen mit einem begünstigten Vermögen von mehr als 26 Mio. € ein Wahlrecht vor zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung und einem besonderen Verschonungsabschlag. Die Prüfschwelle kann von 26 Mio. € auf 52 Mio. € angehoben werden, wenn bestimmte, für Familienunternehmen typische gesellschaftsvertragliche oder satzungsmäßige Beschränkungen vorliegen. Der Erwerber muss bei einer Verschonungsbedarfsprüfung nachweisen, dass er die Steuerschuld nicht aus dem sonstigen nichtbetrieblichen bereits vorhandenen oder aus dem mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen nicht begünstigen Vermögen begleichen kann. Wenn dieses Vermögen nicht ausreicht, um Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu begleichen, so wird die Steuerschuld erlassen. Soweit 50 % des mitübertragenen und des bereits vorhandenen nicht begünstigten Nettovermögens des Erwerbers nicht zur vollen Entrichtung der Steuer ausreicht, besteht ein Bedarf für eine Verschonung. Die Steuer wird in entsprechendem Umfang unter der Bedingung erlassen, dass der Erwerber die Lohnsummen- und die Behaltensregelungen einhält. Dies ist eine auflösende Bedingung für den Erlass der Steuer (vgl. § 28 Abs. 4 Nr. 1 und 2 ErbStG-E). Alternativ kann sich der Erwerber, wenn das begünstigte Vermögen über der anzuwendenden Prüfschwelle liegt, für ein Verschonungsabschmelzmodell entscheiden. Dieses sieht eine Teilverschonung vor, die mit zunehmenden Vermögen schrittweise verringert wird. Ausgehend von einem Verschonungsabschlag von 85% bei bis zu 26 Mio. € und einer Haltefrist von fünf Jahren bzw. von 100% im Falle einer Haltefrist von sieben Jahren wird eine schrittweise Verminderung der Verschonung vorgenommen, und zwar um jeweils 1% für alle 1,5 Mio. €, die der Erwerb über der maßgeblichen Prüfschwelle liegt. Die Obergrenze liegt hier bei einem Wert von 116 Mio. € bzw. 142 Mio. €, letzteres im Falle von bestimmten gesellschaftsvertraglichen oder satzungsmäßigen Beschränkungen. Ab dieser Obergrenze findet ein einheitlicher Verschonungsbetrag Anwendung, und zwar von 20% bei einer Haltefrist von fünf Jahren bzw. von 35% bei einer Haltefrist von sieben Jahren.  


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